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Max Bergmann - Interview
Der 1990 in Deutschland geborene Bergmann ist seit 2021 fixer Bestandteil des VIENNA SHORTS-Teams. Als Programmer und Leiter für Marketing & Kooperationen verantwortete er die Programmgestaltung, Partnerschaften und internationale Netzwerke. Nun folgt er Daniel Hadenius-Ebner an die Spitze von VIENNA SHORTS, der das Festival damals während des Studiums mitbegründet hat. Mit uns hat Max über das Festival gesprochen und bastelt gerade noch an einer Kuratierung aus unserem Programm.
Wir machen es uns leicht und würden dir die gleichen Fragen stellen, die wir deinem Vorgänger Daniel Hadenius-Ebner im Gespräch vor zwei Jahren gestellt haben. Was macht für dich VIENNA SHORTS besonders?
Zum einen die Bandbreite des Programms: Bei VIENNA SHORTS kann man die große Vielfalt des Kurzfilmschaffens entdecken, von fiktionalen Filmen, Dokumentationen oder Animationen bis hin zu experimentellen Arbeiten, Genrefilmen und Musikvideos. Als Festival ist uns wichtig, dass wir wertschätzend und respektvoll arbeiten, sowohl im Team als auch mit den Filmen, den Filmschaffenden und dem Publikum. Für mich ist das ein großer Teil der Magie und der einzigartigen Stimmung während des Festivals. Als ich vor einigen Jahren bei VIENNA SHORTS begonnen habe, war mir schnell klar, dass es kein gewöhnliches Festival ist, sondern immer wieder eine Gemeinschaft entsteht.
Was macht Kurzfilme für dich so spannend?
Kurzfilm kann innerhalb weniger Minuten ganze Welten entstehen lassen, sowohl in der Art seiner erzählerischen Verdichtung als auch in seinen vielfältigen Ausdrucksformen. Hier eröffnen sich Möglichkeiten zum Experimentieren, für mutige Bildsprachen und Positionen, die im Langfilm seltener zu finden sind.
Was war der eindrucksvollste Kurzfilm, den du in den letzten Jahren gesehen hast?
Es gibt so viele großartige Filme, daher nenne ich lieber zwei Gewinnerfilme der letzten Jahre: In dieser Edition hat mich der Gewinner für beste Bildgestaltung, Coeur Bleu (Blue Heart) von Samuel Suffren, stark beeindruckt. Ein sensibles Porträt einer Familienkonstellation in Haiti, präzise und überraschend inszeniert. Dazu der Gewinner des Österreich Wettbewerbs vor zwei Jahren, NYC RGB von Viktoria Schmid. Eine kurze Reise nach New York, ein wunderschönes Spiel mit den Farben des analogen Materials.
Warum braucht es Kurzfilme?
Zu den oben genannten Gründen, also den Möglichkeiten zum Experiment und dem Ausprobieren neuer Filmformen, kommen strukturelle Unterschiede: Ein Langfilm erfordert größere finanzielle Mittel und Netzwerke, die vielen Filmschaffenden zunächst verschlossen bleiben. Kurzfilm hingegen ist zugänglicher und ermöglicht es, auch Perspektiven sichtbar zu machen, die sonst eventuell keinen Platz finden würden. Die Präsenz dieser unterrepräsentierten Stimmen ist für VIENNA SHORTS extrem wichtig und wird bei uns weiter gestärkt werden.
Warum denken manche, dass Kurzfilme weniger sehenswert sind als Langspielfilme? Was würdest du dem entgegenwirken?
Vermutlich ist es nicht schwer, die Filme aufgrund ihrer Länge zu unterschätzen und anzunehmen, dass in wenigen Minuten keine tiefgründigen Geschichten zu erzählen sind. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: im kurzen Film werden Themen, Motive und Emotionen auf eine Weise verdichtet, die oftmals sogar direkter und länger nachwirkt. In einem Kurzfilmprogramm kann man an einem Abend mehrere Blickpunkte aus unterschiedlichen Kontexten nicht nur erleben, sondern vielleicht auch Gemeinsamkeiten entdecken. Die eigene Perspektive wird bereichert, die Welt weitet sich aus.
Was würdest du dem Publikum auf dem VIENNA SHORTS Festival raten?
Es gibt viel zu entdecken, also keine Scheu vor Unbekanntem. Das Festival ist ein wunderbarer Ort, um einmal etwas auszuprobieren, sei es Kurzfilm per se oder eine unserer Film Performances.
Und jetzt noch etwas Neues: Das VIENNA SHORTS bietet mit zwei internationalen und zwei österreichischen Wettbewerben ein ausgeglichenes und breit gefächertes Programm. Welche Besonderheiten schreibst Du dem österreichischen Film zu?
Das Besondere am österreichischen Film sind sicherlich die verschiedenen Stränge: einerseits die starken Geschichten, dann die großartige und weitläufige Animationsszene sowie die gelebte Tradition des österreichischen Experimentalfilms, der international großes Ansehen genießt. Das alles gibt es natürlich auch bei uns zu sehen!
Du hast angekündigt, neben Kontinuität auf neue Akzente zu setzen. Kannst Du uns schon einen Ausblick auf Neuerungen bei der ersten Festivalausgabe unter deiner Leitung geben?
Einerseits möchte ich auf die vorhandenen Stärken aufbauen, wie z.B. die internationale Anerkennung und Ausrichtung oder die Kooperationen und Vernetzung in der Stadt. Andererseits sollen etwa die Publikums- und Communityarbeit über unsere angestammten Zielgruppen und die inneren Bezirke hinaus erweitert werden.