Die Viennale’23 hat wie immer einen bleibenden Eindruck hinterlassen – über 75.000 Menschen füllten an 13 Tagen die Säle der Wiener Spielstätten, um in die Tiefen des internationalen Films abzutauchen.
Um die 61. Ausgabe der Viennale gebürtig Revue passieren zu lassen, haben wir euch ein Programm mit österreichischen Filmen zusammengestellt, die auf der V’23 vertreten waren! Darunter dürfen wir euch auch neue, exklusive VOD-Premieren präsentieren: DIE ÄNGSTLICHE VERKEHRSTEILNEHMERIN, COSMOSAPIENS und VISTA MARE!
Martha Mechow, Drama, AT / DE 2023
DIE ÄNGSTLICHE VERKEHRTEILNEHMERIN erhielt 2023 den Erste Bank Filmpreis während der Viennale und 2024 den Großen DIAGONALE PREIS Spielfilm. |
Jahre nachdem die Mutter buchstäblich verschwand und die zwei kleinen Schwestern zurückgelassen hat, macht sich Flippa, die jüngere, auf die Suche nach Furia, der älteren. Reimend, monologisierend, aus der Literatur sowie ihrem Tagebuch rezitierend, stolpert sie in diesem skurrilen und experimentierfreudigen Roadmovie durch Italien und diverse Liebesgeschichten, bis sie in einem hippiesken Mutter-Kind-Kurort endlich auf Furia stößt. Auf ihrem Parcours erfährt Flippa, wie Frauen in Rollen gedrängt, Emotionen erzwungen werden, und fragt sich, ob und wie jenseits des „heterosexuellen Knotens“ zu lieben wäre – als könnte Liebe die Rettung sein … (Maria Marchetta, Viennale-Katalog 2023)
Schnell sein: Der Film ist nur bis 17.11. online bei uns verfügbar.
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Florian Kofler & Julia Gutweniger, Dokumentarfilm, AT / IT 2023
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Sommerbeginn an der Adriaküste. Noch ruhen die Sonnenschirme in strenger Formation. Noch werden die letzten Vorbereitungen getroffen, bevor die Sehnsuchtsmaschine temporär auf Vollbetrieb schaltet. Über eine gesamte Saison hinweg rückt VISTA MARE die versteckten Arbeitsprozesse hinter dem good life der nordadriatischen Tourismuszentren in den Fokus. Das was notwendig ist, damit dem „italienischen Lebensgefühl“ ungestört gefrönt werden kann. Zu herrlich entrückten Soundscapes entfaltet sich ein poetisches Urlaubs-Diorama, eine fast surreal anmutende dokumentarische Observation, die Verklärung entlarvt, ohne zu entzaubern. Und es hallt leise „Coco bello!“ … (Sebastian Höglinger, Viennale-Katalog 2023)
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Pavel Cuzuioc, Dokumentarfilm, AT 2023
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Am Speziellen Astrophysikalischen Observatorium, abgelegen in einem Dorf in den Bergen des Kaukasus, spüren Astrophysiker:innen Pulsaren und Schwarzen Löchern nach und suchen nach Signalen von außerirdischem Leben. Doch Cuzuioc versucht in COSMOSAPIENS nicht, die Arbeit im Observatorium zu vermitteln, sondern lässt die Forscher:innen über das irdische Leben philosophieren. Wie sonst will man sich die Außerirdischen vorstellen? Es geht um die Globalisierung und unser Verhältnis zur Natur, objektive und subjektive Wahrnehmung. Zwischendurch müssen die Ziegen gefüttert werden. Und das Teleskop knarzt sich in eine neue Position. (Lars Penning, Viennale-Katalog 2023)
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Shane Atkinson, Thriller, US / FR / AT 2023
Ein Kaff in Texas: Ray erfährt, dass ihn seine Frau betrügt. Als er sich gerade erschießen will, wird er von einem wildfremden Mann mit einem Auftragskiller verwechselt. Ray kommt nicht mehr aus der Nummer heraus, während der tatsächliche Mörder nicht lange auf sich warten lässt. In seinem Regiedebüt schickt Shane Atkinson seinen Hauptdarsteller John Magaro (der Bäcker in FIRST COW) als depressiven Jedermann durch eine staubtrockene Neowestern-Kleinstadtkomödie voller glückloser Privatdetektive, sarkastischer Stripperinnen und schmieriger Baumarktbesitzer. Ein präzise gebauter, an den Coen-Brüdern geschulter Pulp-Krimi mit extrafiesen Slapstick-Einlagen. (Gian-Philip Andreas, Viennale-Katalog 2023)
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Sofia Exarchou, Drama, GR / AT / RO / CY / BG 2023
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Kalia ist müde. Den Job als Animateurin im Mittelklassehotel auf der griechischen Insel macht sie schon viel zu lang. Die schlaflosen Nächte, die ständigen Exzesse, die permanente gute Miene zum bösen Spiel, sie fordern Tribut. Exarchou zeigt einen Zusammenbruch in Zeitlupe, nüchtern und aus der Distanz – die Dimitra Vlagopoulou (Kalia) ausdauernd überwindet. Und keinen Zweifel daran lässt, dass diese hart arbeitende Frau auf der Kehrseite der massentouristischen Vergnügungsindustrie nicht nur Urlauber:innen etwas angeht: Selbstausbeutung in prekären Verhältnissen und Selbsttäuschung in plastifizierten „Erlebniswelten“, unentwirrbar ineinandergeflochten. (Alexandra Seitz, Viennale-Katalog 2023)
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Jessica Hausner, Drama, AT / UK / DE / FR / DK 2023
Seit jeher hat Hausner einen Blick für eindrucksvolle, konsequente Bildkompositionen. Das war in HOTEL oder LITTLE JOE so und ist auch beim rigoros stilisierten CLUB ZERO nicht anders. Mia Wasikowska spielt darin Frau Novak, die neue Lehrerin an einer englischen Privatschule, die ihren Schülerinnen und Schülern bewusste Ernährung beibringen will. Langsam, Bissen für Bissen, nicht so viel und schließlich immer weniger. Während die Situation so zunehmend außer Kontrolle gerät, stellt die Filmemacherin gesellschaftskritische Fragen über Konsum, sektenhafte Extreme und schlechte Essgewohnheiten in einer eigenartig entrückten Thriller-Satire. (Sascha Rettig, Viennale-Katalog 2023)
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Sudabeh Mortezai, Drama, AT 2023
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Ein aufgebrachter Mann hängt auf der Kühlerhaube eines Autos. Mit einer Hand klammert er sich durch die zerschmetterte Windschutzscheibe hindurch am Armaturenbrett fest. Vom Rücksitz die Anweisung: „Nicht anhalten!“ Sie stammt von Beate Winter (Lilith Stangenberg), eine in ihrer Undurchdringlichkeit verstörende Erscheinung, die – Gender Mainstreaming & Co. auf den Lippen – in Albanien für eine zwielichtige Firma namens Europa die Umsetzung „sicherheitspolitischer“ Projekte vorantreiben soll. Das ist aber nur der Aufriss. Im Detail wirds dann erst richtig spannend. (Katja Wiederspahn, Viennale-Katalog 2023)
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Adrian Goiginger, Drama, AT / DE 2023
Voodoo Jürgens als Subsistenzmusiker Erich „Rickerl“ Bohacek: allein schon eine Sensation. Als brotberuflicher Totengräber wird er fristlos gefeuert, er tingelt durch Beisln, singt Austropopklassiker bei Hochzeiten, kämpft gegen einen „g’stopften Deutschen“ um seine Ex und versucht seinem Bub (glühender Rapidler!) ein guter Vater zu sein. RICKERL hat alles, was Dramödie haben muss, und dazu noch einen tiefen Wirtshausschmäh und eine wirklich tief sitzende Wahrhaftigkeit. Ganz abgesehen vom herrlichen Wienerisch – „Es klangad a boch’n, wonn i auf Englisch singa tad, oder auf Italienisch einedrah …“ Logischer Gastauftritt: Freund Nino aus Wien. (Roman Scheiber, Viennale-Katalog 2023)
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Nikolaus Geyrhalter, Dokumentarfilm, AT 2023
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War da was? Was da war, zeigt STILLSTAND in dem, was alles nicht still stand zwischen März 2020 und Dezember 2021 in Wien. Der Leere im öffentlichen Raum, die mitunter an Geyrhalters HOMO SAPIENS (2016) erinnert, steht kontrastierend die Geschäftigkeit der öffentlichen Organe gegenüber. Zu Wort kommen Betroffene aller Art, auf Bildschirmen verlautbart der Kanzler die Regeln, und durchaus polemisch folgt auf die Bilder einer Maskenverbrennung seitens Coronaleugnern der Blick ins ausgelastete Krematorium. Ein Beitrag zur Geschichtsschreibung, der nicht nur den unsicheren Umgang mit einer Krise dokumentiert, sondern auch das leichtfertige Vertun von Chancen. (Alexandra Seitz, Viennale-Katalog 2023)
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Timm Kröger, Thriller, DE / AT / CH 2023
Multiversum mal ganz anders als bei Marvel! Ein Physik-Doktorand bricht Anfang der 1960er Jahre zu einem Kongress in die Schweiz auf, wo es in einem Alpen-Hotel zu geheimnisvollen Todesfällen, Wolkenformationen und Begegnungen kommt. Es entspinnt sich eine verrätselte Spielerei mit Wirklichkeiten in den langen Schatten des Nationalsozialismus, die mit atemberaubenden SchwarzweißKompositionen und an Bernard Herrmann gemahnender Musik die Gestalt eines Films aus der Zeit annimmt, in der er spielt. Lynch! Hitchcock! Und auch darüber hinaus fließen zahlreiche Kinoreferenzen ein, aus denen ein ganz eigenes, atmosphärisches Werk entsteht. (Sascha Rettig, Viennale-Katalog 2023)
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Davon abgesehen gibt es bei uns auch drei nicht-österreichische Filme zu sehen, die auf der V’23 gezeigt wurden: Smoke Sauna Sisterhood (EE / FR / IS) von Anna Hints, Lila Avilés‘ Tótem (MX) und Roter Himmel (DE) von Christian Petzold, mit Thomas Schubert und Paula Beer.