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Feminist Perspectives EXTENDED - Das Online-Begleitprogramm
Feminist Perspectives findet bereits zum vierten Mal statt, heuer erstmals im mumok am 6. und 7. Dezember. Das Festival und hat sich in Wien als wichtiges Forum für feministische Filmkultur etabliert. Veranstaltet von dieRegisseur*innen, bringt es internationale und lokale Perspektiven zusammen und schafft Räume für die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitisch relevanten Themen.
Feminist Perspectives 2025 versammelt internationale Filmarbeiten, die neue Perspektiven auf Körper, Wahrnehmung, Kommunikation und Zugehörigkeit eröffnen. Die Filme entstammen inklusiven Produktionsprozessen, wurden von behinderten Filmemacher:innen selbst gestaltet oder entwickeln innovative Formen der Zugänglichkeit. Sie machen sichtbar, wie Ableismus – die Diskriminierung behinderter Menschen – sich alltäglich manifestiert: in Blicken, in Sprache, in räumlichen Designs, in Annahmen darüber, wer als „normal“ gilt und wessen Leben als lebenswert erachtet wird. Das Festival versteht Behinderung nicht als Defizit, sondern als kreative Ressource, als produktive ästhetische Praxis und als politisches Terrain.
Mit Feminist Perspectives EXTENDED präsentieren wir eine Auswahl des Programms online:
BLICKE UND GEGENBLICKE: Looking At Othering
Wo wir hingehören (Jonah Wögerbauer, DE 2024, 15 min), Bist du gelähmt (Gabriele Mathes, AT 1988, 18min) Ein Rollator für sich allein (Mario_n Porten, AT 2025, 19min)
Das erste Programm widmet sich der Frage des Blicks – jenem Blick, der Menschen als „anders“ markiert, ausgrenzt und unsichtbar macht, aber auch dem selbstbestimmten Gegenblick, der Normierungen offenlegt und zurückweist. Die vier Filme untersuchen aus unterschiedlichen Perspektiven, wie Behinderung und chronische Krankheit gesellschaftlich wahrgenommen werden und wie behinderte Menschen und chronisch Kranke diese Wahrnehmungen aktiv herausfordern.
Die Filme aus dem ersten Programm folgen dem Leitsatz „Nothing about us without us“, der das gesamte Festival prägt. Sie zeigen nicht Behinderung als individuelles Schicksal, sondern als gesellschaftliche Konstruktion, die durch Blicke, Sprache und strukturelle Ausschlüsse aufrechterhalten wird. Gleichzeitig inszenieren sie Gegenblicke, die normkritisch zurückfragen: Wer darf sichtbar sein? Wer wird gehört? Wessen Leben gilt als lebenswert? Indem sie Disability Aesthetics als produktive künstlerische Praxis nutzen, fordern diese Filme uns auf, den in den meisten gesellschaftlichen Diskursen vorherrschenden Blick zu hinterfragen und eine post-ableistische Wahrnehmung zu entwickeln.
INKLUSION I: MAKING ACCESS WORK – Prozesse inklusiven Filmemachens
After… After… Access (Jordan Lord, USA 2018, 16min) [sound of subtitles] (Seo Hye Lee, UK 2021, 2min) Portland Forecast (Seo Hye Lee, UK 2023, 11min)
Wie entsteht ein Film, wenn Barrierefreiheit nicht nachträglich hinzugefügt, sondern von Anfang an mitgedacht wird? Was geschieht, wenn behinderte Menschen nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera stehen und die Produktionsprozesse selbst gestalten? Das zweite Programm widmet sich inklusiver Filmpraxis als einem Neudenken dessen, was Film sein kann und wie er gemacht wird.
Die im Programm gezeigten Arbeiten verstehen Access als kreatives Prinzip und ästhetische Entscheidung. Sie zeigen, dass inklusive Filmproduktion nicht bedeutet, bestehende Formate anzupassen, sondern neue filmische Sprachen zu entwickeln – Sprachen, die aus den spezifischen Erfahrungen, Bedürfnissen und Perspektiven behinderter und neurodivergenter Menschen entstehen und deren Perspektiven aufgreifen.
INKLUSION II: AESTHETICS OF ACCESS – Kreative Aktivismen
[Closer Captions] (Christine Sun Kim, DE 2020, 8min)
Christine Sun Kims [CLOSER CAPTIONS] dekonstruiert die Unzulänglichkeiten von Closed Captions – jener technischen „Lösung“, die tauben Menschen Zugang zu audiovisuellen Medien verschaffen soll, aber meist katastrophal schlecht funktioniert.
Kim, die als taube Künstlerin in Berlin lebt, enthüllt ein „nicht-so-gut-gehütetes Geheimnis“: Viele herkömmliche Methoden der Audiodeskription sind völlig unzulänglich („they suck“). Anstatt den Sound bloß zu transkribieren, zeigt Kim, was Captions sein könnten – ein kreativer, interpretierender Akt, der Klang nicht nur beschreibt, sondern übersetzt, kontextualisiert, emotionalisiert. Ihre selbst produzierten und untertitelten Aufnahmen machen deutlich: Sprache über Sound ist niemals neutral.
BEZIEHUNGSWEISE(N) I: Relating Otherwise – Auf andere Weise miteinander umgehen
Sex Assistant (Andrés González Majul, VE 2019, 21min) Lass mich fliegen (Evelyne Faye, AT 2022, 80min)
Wie gestalten sich intime Beziehungen jenseits normativer Vorstellungen? Welche Formen von Liebe, Begehren, Partnerschaft und Selbstverwirklichung werden möglich, wenn behinderte Menschen ihre Beziehungen selbst definieren? Das vierte Programm rückt Intimität, Sexualität und Selbstbestimmung ins Zentrum – nicht als Problemfelder, sondern als Orte der Freiheit und kreativer Neugestaltung.
Der Titel „Beziehungsweise(n)“ spielt dabei bewusst mit Doppelbedeutungen: Es geht um Beziehungen und um die Weisen, in denen Menschen zueinander in Beziehung treten. Es geht um das „beziehungsweise“ als verbindende Konjunktion und um die vielfältigen Weisen des Sich-Beziehens. Die beiden Filme zeigen Menschen, die sich weigern, ihre Leben nach den Erwartungen anderer zu gestalten – Menschen, die selbstbewusst ihre eigenen Wege gehen, eigene Beziehungsformen entwickeln und dabei die Grenzen dessen verschieben, was die Gesellschaft als „normal“ oder „möglich“ erachtet.
SEX ASSISTANT macht dies durch radikale Intimität: indem das Paar die Kamera in ihr Schlafzimmer, ihre Beziehung, ihre Verletzlichkeit lässt. LASS MICH FLIEGEN macht dies durch Langzeitbeobachtung: indem Faye zeigt, wie ihre Protagonist:innen Tag für Tag, in kleinen und großen Gesten, ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben einfordern.
IS THERE ANYBODY OUT THERE? Strukturen der Ausgrenzung, Solidarität jenseits der Norm
Is There Anybody Out There? (Ella Glendining, UK 2023, 87min)
Ella Glendining wurde mit einer extrem seltenen Behinderung geboren: Sie hat keine Hüftgelenke und sehr kurze Oberschenkelknochen. So selten, dass sie nie jemanden mit einem Körper wie ihrem gesehen hat. Diese Erfahrung radikaler Einzigartigkeit führt zu einer existenziellen Frage: Gibt es da draußen irgendwen wie mich?
IS THERE ANYBODY OUT THERE? dokumentiert Ellas vierjährige globale Suche nach Menschen mit ähnlichen Körpern. Der Film wird zu einer Untersuchung darüber, was es bedeutet, sich selbst als behinderte Person in einer nicht-behinderten Welt radikal zu lieben, und zu einem Liebesbrief an die Disability Community.