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„Wir feiern alles, was weniger verkopft und mehr verspielt ist” - Die Festivalleitung im Interview
Bereits zum 8. Mal findet die DIAMETRALE in Innsbruck statt und vereint das Experimentelle und das Komische in einem Festival. Wie hat das mit dem Festival begonnen und wie kam es zu der Festivalausrichtung?
Eigentlich wollten wir nur eine Filmpremiere unseres närrischen Stummfilmmärchens Das Glück der Lücke (AT 2017) im Kino organisieren, hatten aber von Planung und Umsetzung von Kulturveranstaltungen absolut keine Ahnung. Wir haben also mit den Organisator:innen des damaligen Innsbrucker Los Gurkos-Kurzfilmfestivals Kontakt aufgenommen und kamen im Zuge dieses Gesprächs auf die Idee, neben Das Glück der Lücke auch nach weiteren Filmen zu suchen, die in eine ähnliche Richtung gehen – surreal, absurd, experimentell. Das Glück der Lücke hat eine recht unübliche Filmlänge von 50 Minuten. Anstelle der Filmpremiere ein abendfüllendes Filmprogramms zu kuratieren, war ein reizvoller Gedanke. So präsentierten wir im Rahmen der ersten Ausgabe der DIAMETRALE 2017 insgesamt 13 Kurzfilme aus der ganzen Welt. 2018 konnte das Projekt dank einer lokalen Kultur- und Kunstausschreibung (TKI Open) zum Thema „Humor“ konzeptuell verfeinert und durch das größere Budget von einem auf drei Tage erweitert werden.
In eurer Selbstbeschreibung bringt Ihr es so schön auf den Punkt, dass das Moment der Überraschung, der Aushebelung von Denk- und Sehgewohnheiten das Experimentelle mit dem Humoristischen verbindet: Ihr zeigt Werner Pirchners und Christian Bergers Der Untergang des Alpenlandes und John Waters Female Trouble zum je 50-jährigen Jubiläum, beide funktionieren heute nach wie vor in Sachen Experiment wie Humor. Welche Entwicklungen seht ihr im Umgang mit Humor generell und in der filmischen Umsetzung?
Female Trouble und Der Untergang des Alpenlandes sind zwei Filme, die von ihrem körperlichen Einsatz leben. Der Humor geht stark von der Performance der Protagonist:innen aus. Aktuelle humoristische Filme, die im Speziellen für die DIAMETRALE ausgesucht werden, sind von ihrer Machart her wesentlich subtiler, verschlüsselter, bewegen sich mehr in mysteriös-absurden Welten, sind teilweise auch weniger zugänglich. Diese Vielfalt von Humor und Experiment abzubilden, macht mitunter den Reiz des Festivals aus.
Was zeichnet die DIAMETRALE als Festival zudem aus?
Das Verweben von Experiment und Humor. Die Beschäftigung damit ist deshalb interessant, weil sie beide Ausdrucksformen unterlaufen bzw. brechen und mit gängigen Konventionen spielen und somit zur Reflexion über Bestehendes anregen. Zudem arbeiten Humor und Experiment mit dem Zusammenprallen von Erwartungen und der Nicht-Einhaltung derselbigen. Dadurch entstehen komische, absurde, humoristische oder transgressive Momente, die potenziell widerständig sind.
Gibt es Perspektiven oder Genres, die für euch in der österreichischen Filmproduktion fehlen oder von denen ihr euch mehr wünscht?
Als ein Festival mit humoristischer Ausprägung feiern wir grundsätzlich alles, was weniger verkopft und mehr verspielt ist (Genre-Mix!). Da gibt es aus unserer Sicht teilweise noch Luft nach oben. Nichtsdestotrotz stoßen wir jedes Jahr auf sehr erstaunliche österreichische Filmproduktionen von speziell auch jungen Filmemacher:innen.
Der skurrilste Film der Filmgeschichte?
Spontan fällt mir Die Reise ins Glück (2004) von Wenzel Storch ein. Nachdem Wenzel Storch über 10 Jahre lang tonnenweise Schrott in einer Lagerhalle in Hamburg gesammelt hatte, machte er daraus ein bezaubernd-verstörendes Trash-Märchen mit unfassbaren Szenenbildern und Kostümen — ein zeitloses Meisterwerk.
Der humorvollste österreichische Film?
Das Fest des Huhnes (1992) von Walter Wippersberg.
Pro-Tipps fürs Festivalbesucher:innen?
Keine Festivalpartys meiden.
Das persönliche Highlight bei der diesjährigen DIAMETRALE?
Neben dem 50. Jubiläum von Der Untergang des Alpenlandes unser Themen-Donnerstag, wo wir uns diesmal im Rahmen von Diskussionen und Filmscreenings dem Grotesken zu nähern versuchen.